ein Gastartikel von Lutz Hausstein
Die Ursachen hierfür sind ebenso offensichtlich wie unerträglich. Einerseits stagnieren oder sinken seit Jahren die Einkommen der Geringverdiener, also gerade derjenigen, die den höchsten Anteil ihres Einkommens für Strom ausgeben müssen. Auf der anderen Seite erhöhen die Stromanbieter beinahe jährlich ihre Preise um teilweise bis zu 10 Prozent. Aus diesem Grund müssen viele Haushalte einen immer größer werdenden Teil ihres Einkommens für ihre Stromrechnung aufwenden. So ist es zwangsläufig, dass immer mehr Menschen in Zahlungsschwierigkeiten kommen.
Mit immer neuen blumigen Formulierungen begründen die Energiekonzerne zwar regelmäßig aufs Neue, aus welchen, von ihnen nicht beeinflussbaren Ursachen sie die Strompreise erhöhen müssten: Gestiegene Beschaffungspreise, Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage, Kosten für den Umbau auf erneuerbare Energien, erhöhte Sicherheitsanforderungen, Bau neuer Energietrassen. Dessen ungeachtet sind jedoch die Gewinne nur allein der drei größten deutschen Energieversorger im Jahr 2002 mit 5,7 Milliarden Euro auf sagenhafte 23 Milliarden Euro im Jahr 2009 explodiert. Innerhalb von nur sieben Jahren haben diese demzufolge ihre Gewinne vervierfacht.
Jahrelang wurde in offiziellen Stellungnahmen von Politikern als auch in den Medien die Phrase gedroschen, „der mündige Verbraucher“ müsse ja nur zu einem billigeren Anbieter zu wechseln und schon könne er sogar noch „sparen“. Dies ist selbstverständlich hanebüchener Unsinn. Denn trotz Anbieterwechsel bei Preiserhöhungen stiegen die Preise für den Stromverbraucher unter dem Strich immer noch. Auch lässt das jährliche Ritual der Empfehlung eines Wechsels viele Menschen nur noch zynisch mit den Schultern zucken. Wer einmal von einem teureren zu einem billigeren Stromanbieter gewechselt ist, kann dies nicht jährlich wiederholen, da man ja inzwischen bei letzterem Vertragskunde ist.
Doch nun glaubt der neue Umweltminister Peter Altmaier das Ei des Kolumbus gefunden zu haben. Abseits der alten Rhetorik des Anbieterwechsels schlägt er doch allen Ernstes vor, dass die gestiegenen Strompreise einfach von den Verbrauchern mit einer Senkung ihres Verbrauchs im gleichen Umfang zu kompensieren seien. Mit diesem Argument begründet er gleichzeitig die Ablehnung von Aktivitäten, welche insbesondere den unter der Stromarmut leidenden Ärmsten in der Gesellschaft helfen könnten.
Stattdessen schlägt er eine „fachkundige Energieberatung“ vor, um die (exemplarischen) drei Prozent Strompreiserhöhung, welche im Durchschnitt eher nichtrepräsentativ sind, mit Verbrauchseinsparungen in gleicher Höhe zu kompensieren. Gerade die Haushalte mit niedrigen Einkommen, deren Anzahl in den letzten Jahren erheblich angestiegen ist und die aus diesem Grund größtenteils ohnehin schon länger sparsam mit Strom umgegangen sein dürften, können auf die Vorschläge zu weiteren Maßnahmen zur Verbrauchssenkung gespannt sein. Erste Vorschläge für signifikante Einsparungen könnten die stundenweise Außerbetriebnahme des Kühlschranks, die Rückkehr zum Waschbrett sowie Kochbücher zur Kaltzubereitung von Warmspeisen sein.
Die zynischen Ratschläge des neuen Energiespar-Ministers, welche er jedoch meint, in aller Ernsthaftigkeit verkünden zu müssen, sind an Absurdität kaum zu überbieten. In völliger Missachtung der Realitäten weist er den Armen in dieser reichen Gesellschaft die Verantwortung zu, während er die Milliardengewinne der Energiekonzerne keinerlei Beachtung schenkt. Anstatt nach Wegen zur Beseitigung der Stromarmut zu suchen, bietet Peter Altmaier nur ein wenig rhetorischen Theaterdonner. Zur Lösung des immer dramatischer werdenden Problems trägt er nicht einen Jota bei, sondern gibt nur seine Bankrotterklärung bekannt.
Lutz Hausstein
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© Gastautor für den Spiegelfechter, 2012.
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